Erfahrungsberichte und Praxistipps

Fast 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben seit 2018 eine Tenure-Track-Professur in Deutschland angetreten. Ihre Erfahrungen bei der Stellenwahl, bei der Bewerbung und bei den Evaluationen helfen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei der Planung ihres Karrierewegs. In weiteren Interviews stellen drei Hochschulleitungen dar, welchen Stellenwert der neue Karriereweg für den Wissenschaftsstandort Deutschland hat, wie er die Universitäten attraktiver macht und wie junge Talente gefördert werden.



Interviews mit Tenure-Track-Professorinnen und -Professoren


Interviews mit Hochschulleitenden



Prof. Dr. Tobias Sutter, Tenure-Track-Professor an der Universität Konstanz
© Tobias Sutter
„Für mich war der ausschlaggebende Faktor der Tenure Track. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Position ohne diese Perspektive angenommen hätte."

Warum haben Sie sich für den Karriereweg Tenure Track entschieden?
Meiner Meinung nach ist das Tenure-Track-Programm sehr attraktiv, da es bei überzeugender Leistung in der Zeit als Juniorprofessor die Aussicht auf eine permanente W3-Position bietet. Diese leistungsbasierte, sichere Langzeitperspektive hat mich besonders angesprochen.

Würden Sie aus heutiger Sicht einer jungen Wissenschaftlerin oder einem jungen Wissenschaftler raten, sich auf eine Tenure-Track-Professur in Deutschland zu bewerben? Warum bzw. warum nicht?
Auf jeden Fall! Soweit ich das beurteilen kann, funktioniert das deutsche akademische System äußerst gut. Es bietet viel Finanzierung für Grundlagenforschung, was innovative Projekte ermöglicht. Zudem werden Studierende hervorragend in den grundlegenden Disziplinen ausgebildet, was eine solide Basis für ihre Grundlagenforschung schafft. Das deutsche akademische System mit seiner Exzellenz zieht viele internationale Studierende und Forschende an. Insgesamt schafft das deutsche System ideale Bedingungen für Forschung und Lehre.

Was fanden Sie an Ihrem Stellenangebot attraktiv und warum haben Sie sich für dieses Angebot entschieden?
Für mich war der ausschlaggebende Faktor der Tenure Track. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Position ohne diese Perspektive angenommen hätte. Weiter ist die Ausstattung sehr gut, so gibt es viele verschiedene Möglichkeiten innerhalb der Universität (z.B. über das Zukunftskolleg der Uni Konstanz) sowie von außerhalb, um Mittel für Mitarbeitende einzuwerben.

Was von dem, was Sie jetzt wissen, hätten Sie gerne schon vor der Bewerbung gewusst?
Meiner Meinung nach ist das Bewerbungsverfahren in Deutschland sehr formal und transparent. Es legt großen Wert darauf, verschiedene Vorstellungen von Fairness sicherzustellen.

Welche Tipps können Sie potentiellen Bewerber:innen auf eine Tenure-Track-Professur auf Grundlage der eigenen Erfahrungen im Auswahl-/ Berufungsverfahren geben?
Stellen Sie sicher, dass Sie ein klares Profil haben. Meiner Meinung nach hilft es, wenn der/die Bewerber/in überzeugend darlegen kann, dass ihre/seine Forschung Exzellenz in der Forschung anstrebt, was der wichtigste Punkt ist. Es ist auch hilfreich, eine klare Vorstellung davon zu haben, was Sie erreichen möchten und warum der Ort, an dem Sie sich bewerben, der richtige ist, um diese akademischen Ziele zu verwirklichen.

Welche Unterstützungsangebote (zum Beispiel zur beruflichen Weiterentwicklung, bei familiären Verpflichtungen und/oder Fragen zu Chancengerechtigkeit) haben Ihnen persönlich weitergeholfen? Welche würden Sie sich zusätzlich wünschen?
Die Universität und ihre Dienstleistungen haben mich in mehrfacher Hinsicht unterstützt. Erstens haben sie mir bei der Erstellung von Forschungsanträgen geholfen, indem sie äußerst hilfreiche Ratschläge für Nachwuchswissenschaftler gegeben haben. Zweitens haben sie mich bei der Einstellung von Doktoranden und den damit verbundenen formalen Bewerbungsverfahren unterstützt. Drittens haben sie die Digitalisierung meiner Vorlesungen erleichtert, beispielsweise durch hervorragende Videoaufzeichnungsunterstützung. Viertens hat mich die sehr kompetente Karriereberatung der Universität Konstanz in einigen Sitzungen zur akademischen Karriereplanung beraten.

War der Karriereweg der Tenure-Track-Professur in Deutschland ein Anreiz für Sie, Ihre weitere wissenschaftliche Karriere in Deutschland anzustreben?
Da ich in der Schweiz aufgewachsen bin, wusste ich bereits von den exzellenten Forschungsbedingungen in Deutschland. Außerdem war mir bekannt, dass das Bildungssystem in Deutschland auf die Grundlagenwissenschaften ausgerichtet ist, was ich sehr attraktiv finde. Darüber hinaus kannte ich die Region um Konstanz relativ gut, da sie sehr nah an der Schweiz liegt.

Sie haben die Zwischenevaluation erfolgreich abgeschlossen. Wie lief das ab und wie haben Sie den Prozess empfunden? Welche Tipps möchten Sie anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mitgeben?
Ich wurde bereits (erfolgreich) zwischenevaluiert. Die Zwischenevaluation ist, wie die Berufungsverfahren in Deutschland, ziemlich formell und daher auch transparent und – soweit ich das beurteilen kann – fair. Das genaue Verfahren wurde mir von der Universität und von Kollegen am Fachbereich genau erklärt, sodass ich wusste, was auf mich zukommt.

Als Tipp würde ich jungen zukünftigen Tenure-Track-Professorinnen und -Professoren raten, sich mit Kollegen aus dem Fachbereich zu unterhalten, die diese Stufe bereits durchlaufen haben. Es hilft sicherlich, sich ein genaues Bild davon zu machen, wie diese Zwischenevaluation konkret abläuft. Schlussendlich denke ich, dass es wichtig ist, produktiv zu sein, hochqualitative Forschung und Lehre zu betreiben und sich aktiv um Drittmittel zu bemühen. Das waren, grob gesagt, die wichtigsten Komponenten der Zwischenevaluation.


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Prof. Dr. Sophia Rudorf, Tenure-Track-Professorin an der Leibniz Universität Hannover (LUH)
© Sophia Rudorf

 

Wenn man Leidenschaft und Durchhaltevermögen mitbringt, würde ich aus heutiger Sicht einer jungen Wissenschaftlerin oder einem jungen Wissenschaftler definitiv raten, sich auf eine Tenure-Track-Professur in Deutschland zu bewerben.

Warum haben Sie sich für den Karriereweg Tenure Track entschieden?
Nachdem ich direkt nach meiner Promotion als Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung tätig war, schien eine Professur der natürliche nächste Schritt in meiner Karriere zu sein. Die Tenure-Track-Professur war für mich besonders attraktiv, da sie im Gegensatz zu anderen typischen Karriereschritten eine realistische, langfristige Perspektive bot, weiterhin in Forschung und Lehre tätig zu sein. 
Ein großer Vorteil der Tenure-Phase ist, dass das Lehrdeputat reduziert ist. Zudem wird man in dieser Zeit hinsichtlich der Beteiligung an Gremien etwas „geschont“. Der Fokus liegt ganz klar auf der Durchführung guter Lehre und dem Aufbau einer eigenen Forschungsgruppe.

Würden Sie aus heutiger Sicht einer jungen Wissenschaftlerin oder einem jungen Wissenschaftler raten, sich auf eine Tenure-Track-Professur in Deutschland zu bewerben? Warum bzw. warum nicht?
Trotz der genannten Vorteile sollten potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten sich darüber im Klaren sein, dass die Erwartungen an die Leistungen von Tenure-Track-Professorinnen und -Professoren hoch sind. Während der immerhin fünfjährigen „Probezeit“ muss man in der Lage sein, dem damit einhergehenden Druck standzuhalten.
Wenn man Leidenschaft und Durchhaltevermögen mitbringt, würde ich aus heutiger Sicht einer jungen Wissenschaftlerin oder einem jungen Wissenschaftler definitiv raten, sich auf eine Tenure-Track-Professur in Deutschland zu bewerben. Es bietet eine hervorragende Chance, eine langfristige akademische Karriere aufzubauen und in einem anspruchsvollen, aber lohnenden Umfeld zu arbeiten.

Was fanden Sie an Ihrem Stellenangebot attraktiv und warum haben Sie sich für dieses Angebot entschieden?
Die Ausschreibung der Leibniz Universität kam für mich genau zum richtigen Zeitpunkt und passte perfekt zu meinem Forschungsgebiet. Es war deutlich, dass es für mich viele spannende Anknüpfungspunkte innerhalb der Fakultät, der Universität, der Stadt und im weiteren Umfeld geben würde. Seit ich vor gut drei Jahren an die LUH gekommen bin, habe ich schon zahlreiche neue Kooperationsprojekte initiieren können. Diese perfekte Passgenauigkeit zwischen meiner Expertise und den Gegebenheiten vor Ort halte ich für essentiell, um ein Tenure-Track-Verfahren erfolgreich zu durchlaufen.
Ein weiterer attraktiver Aspekt des Stellenangebots war die Aussicht auf eine Tenure-Position auf W3-Ebene. Zudem ist die Lage der Universität optimal für mich und meine Familie, sodass für mich eine Professur an der LUH deutlich attraktiver als beispielsweise eine vergleichbare Position im Ausland ist. Diese Faktoren zusammen genommen waren ausschlaggebend dafür, dass ich mich letztlich für das Angebot der Leibniz Universität Hannover entschieden habe.

Welche Tipps können Sie potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern auf eine Tenure-Track-Professur auf Grundlage der eigenen Erfahrungen im Auswahl-/ Berufungsverfahren geben?
Ich denke, es ist äußerst wichtig, sich ausreichend Zeit für die Bewerbung zu nehmen und gründlich zu recherchieren. Man sollte sich intensiv mit den Fragen auseinandersetzen, warum man gut auf die ausgeschriebene Stelle passt und was einen für die Fakultät attraktiv macht. Dabei ist es entscheidend, auch die Lehre nicht zu vernachlässigen und eine qualitativ hochwertige Lehrprobe vorzubereiten. Vor allem aber sollte man eine konkrete und überzeugende Vorstellung davon haben, wie man den Standort gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen voranbringen kann.
Es können jedoch manchmal Details im Prozess überraschen: So wurde in meinem Fall erst nach dem Bewerbungsprozess deutlich, dass die vereinbarten Ziele de facto bereits nach vier und nicht erst nach fünf Jahren erreicht sein müssen. Zudem kann es hilfreich sein, sich im Voraus darüber zu informieren, was im Falle eines nicht erfolgreichen Tenure-Prozesses oder im Falle einer Unterbrechung der Tenure-Phase, beispielsweise durch die Geburt eines Kindes, geschieht.

Welche Unterstützungsangebote (zum Beispiel zur beruflichen Weiterentwicklung, bei familiären Verpflichtungen und/oder Fragen zu Chancengerechtigkeit) haben Ihnen persönlich weitergeholfen? Welche würden Sie sich zusätzlich wünschen?
Besonders hilfreich war die Unterstützung durch mein direktes Umfeld, insbesondere durch die Institutsleiterin sowie die Kolleginnen und Kollegen in der Fakultät. Darüber hinaus bietet die LUH praktische Unterstützung, wie ein hervorragendes Service-Angebot zur ERC-Antragstellung sowie eine kostenlose und unkomplizierte Notfall-Kinderbetreuung. Zudem gibt es professionelle Coaching-Angebote für Professorinnen und zahlreiche Angebote für Neuberufene, von denen auch ich als Tenure-Track-Professorin sehr profitiert habe.

Inwiefern war der Karriereweg der Tenure-Track-Professur für Sie ausschlaggebend, Ihre weitere wissenschaftliche Karriereplanung auf Deutschland auszurichten?
IAufgrund meiner familiären Situation wäre eine Karriere im Ausland deutlich unattraktiver gewesen. Für mich war die Möglichkeit, innerhalb Deutschlands eine langfristige Perspektive auf eine akademische Laufbahn zu erhalten, ausschlaggebend für die Bewerbung. Hätte die Stelle keinen fest verankerten Tenure-Track geboten, hätte ich mich nicht darauf beworben.

Sie haben die Zwischenevaluation erfolgreich abgeschlossen. Wie lief das ab und wie haben Sie den Prozess empfunden? Welche Tipps möchten Sie anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mitgeben?
An der LUH erfolgt keine Zwischenevaluation im eigentlichen Sinne. Stattdessen wird ein Statusgespräch mit der Dekanin oder dem Dekan geführt. In diesem Gespräch sollen eventuell vorhandene Risiken aufgedeckt und Anregungen zum Nachsteuern gegeben werden. In Vorbereitung auf das Gespräch habe ich eine umfangreiche Dokumentation meiner erbrachten Leistungen und einen Bericht über meine Tätigkeiten erstellt. Ich fühlte mich durch das Gespräch in meiner Einschätzung bestätigt, dass ich bereits sehr gut aufgestellt bin. Ich denke, dass diese Reflexion sehr hilfreich sein kann, auch wenn das Statusgespräch in Hannover keine direkten Konsequenzen für das Verfahren hat.


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Prof. Dr. Michael Hoch, Präsident der Universität Bonn
© Jürgen Hofmann/Uni Bonn
„Die Anerkennung eines neuen Karriereweges erforderte einen Wandel, vor allem auch in den einzelnen Disziplinen. Dieser ist zweifelsfrei gelungen!“

Welchen Stellenwert hat die Tenure-Track-Professur aus Ihrer Sicht im deutschen Wissenschaftssystem?
Der Stellenwert ist groß und er wächst noch weiter – und das ist eine sehr gute Entwicklung! Denn damit gibt es im deutschen Wissenschaftssystem neben dem „klassischen“ Weg über die Habilitation einen weiteren Karriereweg zur Professur. Es werden klare Perspektiven gegeben, für Verstetigungen und auch hin zu höherwertigen Professuren. Dies ermöglicht es herausragenden Talenten deutlich besser, sich zu entwickeln und die eigene Karriere zu steuern und zu planen, was wiederum automatisch die Attraktivität der Universitäten steigert. Und diese Attraktivität ist fundamental. Denn klar ist: Wir stehen nicht nur im scharfen internationalen Wettbewerb um die besten Forschenden und Lehrenden. Auch der demographische Wandel und der damit einhergehende allgemeine Fachkräftemangel erfordern es, dass wir als Universitäten konkurrenzfähig sind, um die klügsten Köpfe einer jeden Generation und aus aller Welt zu attrahieren, zu gewinnen und an uns zu binden.

Wenn Sie an die Wissenschaftskultur Ihrer Hochschule denken – hat sich durch die Einführung der Tenure-Track-Professur ein Kulturwandel eingestellt?
Die Universität Bonn hat die Tenure-Track-Professur bereits im Jahr 2009 eingeführt. Die Anerkennung eines neuen Karriereweges erforderte einen Wandel, vor allem auch in den einzelnen Disziplinen. Dieser ist zweifelsfrei gelungen! Inzwischen werden bei uns in jeder Fakultät sowie in unseren TRAs, den transdisziplinären Forschungsbereichen, Tenure-Track-Professuren ausgeschrieben. Daran lässt sich sehr gut ablesen, wie positiv die Erfahrungen waren und sind. Übrigens auch bei den Tenure-Track-Professor:innen selbst, die uns bestätigen, dass sie diesen Weg als eine große Chance für ihre Karriere empfinden.

Welchen Einfluss hat die Einführung der Tenure-Track-Professur in Deutschland auf die internationale Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit Ihrer Hochschule?
Die Habilitation ist in anderen Wissenschaftssystemen ja nicht unbedingt verbreitet. Und das sogenannte second book bedeutet für viele, die sich nicht durch eine große, monographisch dargebotene oder eine kumulative Forschungsleistung für eine Lebenszeitprofessur qualifizieren wollen, ein Hindernis. Ja, es kann eben auch ein Grund sein, warum jemand nicht im deutschen Wissenschaftssystem Fuß fassen will. Genau hier macht uns die Tenure-Track-Professur international wettbewerbsfähiger. Wir brauchen sie, um international exzellente Wissenschaftler:innen aus aller Welt anzuziehen oder ihre Abwanderung zu verhindern.

Welche Chancen bietet die Tenure-Track-Professur für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Verlässlichkeit und Planbarkeit mit Blick auf die eigene Karriere sowie die Transparenz im Hinblick auf das Evaluationsverfahren. Das kann insbesondere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase, bei denen dieser Schritt in eine besondere Familienphase fällt, besondere Chancen bieten. An der Universität Bonn bieten wir zudem vielfältige Qualifizierungsformate im Bereich der Personalentwicklung an und berücksichtigen hierbei natürlich auch Karrierewege aus der Wissenschaft hinaus, etwa im Bereich Wissenschaftsmanagement. Denn auch der Weg in andere Karrieren als der Lebenszeitprofessur ist eine Chance, die der Tenure-Track bietet.

Was ist aus Sicht Ihrer Hochschule wichtig bei der Gestaltung der Evaluationsverfahren? Wie werden die Professorinnen und Professoren bei der Vorbereitung darauf unterstützt?
An der Exzellenzuniversität Bonn werden die Evaluationskriterien für die Zwischen- und Endevaluationen bereits mit der Ausschreibung der Professur festgelegt. Das ist uns wichtig, damit die Erwartungen bereits bei der Bewerbung klar und verlässlich sind. Gleichzeitig müssen die Kriterien übergreifenden Maßstäben genügen. Auf universitätsweite Richtlinien zur Gestaltung der Kriterien haben wir uns im Rahmen unserer Tenure-Track-Ordnung verständigt. Im Evaluationsverfahren selbst sind bei uns verschiedene fakultätsinterne wie -übergreifende Gremien und Instanzen beteiligt, damit die Verfahren objektiv, transparent und qualitätsgesichert durchgeführt werden können. Zur Vorbereitung dienen den Tenure-Track-Professor:innen Informations- und Beratungsangebote der Personalentwicklung und des Berufungsmanagements. Sie können etwa Coaching-Einheiten zu selbstgewählten Themen in Anspruch nehmen, Trainings in verschiedensten Bereichen absolvieren oder an Vernetzungsaktivitäten teilnehmen. Darüber dürfen sie, wenn sie mögen, eine Mentorin oder einen Mentor zur Begleitung der Tenure-Track-Professur wählen. Verpflichtend sind bei uns zudem jährliche Statusgespräche mit der zuständigen Dekanin oder dem Dekan, damit die Wissenschaftler:innen bereits vor dem eigentlichen Evaluationsprozess ein regelmäßiges Feedback zu ihrer Entwicklung erhalten.

Welche Unterstützungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet Ihre Hochschule an? Wie adressieren Sie damit die Bedarfe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Wir sind als familiengerechte Hochschule zertifiziert und bei uns unterstützen verschiedene Einheiten in unterschiedlichen Facetten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir haben zum Beispiel einen sehr erfolgreichen Onboarding Service, der die Professor:innen bereits vor dem Dienstantritt in allen beruflichen und privaten Fragen unterstützt, die ihre Tätigkeit bei uns betreffen. Unser Familienbüro berät und unterstützt zudem bei Themen wie Kinderbetreuung, Mutterschutz und Elternzeit sowie zur Pflege von Angehörigen. Darüber hinaus gibt es eine große Vielfalt an Angeboten und Förderlinien des Gleichstellungsbüros sowie des Prorektorats und der Stabsstelle für Chancengerechtigkeit und Diversität. Besonders häufig werden übrigens Bedarfe in den Bereichen Kita-Suche und Schulanmeldung geäußert. Hierbei unterstützen wir nach allen Kräften. Zusätzlich halten wir aber auch ein Angebot für Notfall- und Ferienbetreuung sowie Babysitting vor. Außerdem beobachten wir, dass es sich zunehmend etabliert – und diese Entwicklung freut mich sehr –, dass eigene Kinder, sofern die Rahmenbedingungen dies zulassen, in Vorlesungen und Lehrveranstaltungen mitgebracht werden, und zwar nicht nur durch unsere Lehrenden, sondern auch durch die Studierenden.


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Prof. Dr. Angela Ittel, Präsidentin der Technischen Universität Braunschweig
© Kristina Rottig/TU Braunschweig
„Das anerkannte Ziel ist es, junge Talente frühzeitig und mit ihren selbstständigen Leistungen in unsere Forschungsinfrastruktur einzubinden.“

Welchen Stellenwert hat die Tenure-Track-Professur aus Ihrer Sicht im deutschen Wissenschaftssystem?
Die Tenure-Track-Professur ist ein wichtiges Instrument, den deutschen Wissenschaftsstandort international kompatibel aufzustellen. Es erfordert einen wichtigen Kulturwandel, in dem es junge Talente frühzeitig an unsere Institutionen bindet und ihnen Chancen zur Entfaltung ihrer starken wissenschaftlichen Leistungen bietet.

Wenn Sie an die Wissenschaftskultur Ihrer Hochschule denken – hat sich durch die Einführung der Tenure-Track-Professur ein Kulturwandel eingestellt?
Die Bedeutung der Tenure-Track-Professur ist an der TU Braunschweig allseits anerkannt und wird sehr wertgeschätzt. Wir beginnen zunehmend auch außerhalb des WISNA-Programms Tenure-Track-Professuren auszuschreiben. Dies alles spricht für einen begonnenen Kulturwandel. Das anerkannte Ziel ist es, junge Talente frühzeitig und mit ihren selbständigen Leistungen in unsere Forschungsinfrastruktur einzubinden.

Welchen Einfluss hat die Einführung der Tenure-Track-Professur in Deutschland auf die internationale Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit Ihrer Hochschule?
Wir haben mehrere internationale Wissenschaftler:innen auf Tenure-Track-Professuren berufen können. Zudem konnten wir einige Postdoktorand:innen deutscher Herkunft, die im Ausland tätig waren, durch das Angebot einer Tenure-Track-Professur nach Deutschland zurückholen. Beides spricht für den hohen Grad der Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit des Modells an unserer Universität. 

Welche Chancen bietet die Tenure-Track-Professur für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Die Tenure-Track-Professur bietet jungen Talenten die Möglichkeit, sich früh an einem Standort zu entfalten, Netzwerke aufzubauen, Forschungsinfrastrukturen zu nutzen und zu gestalten. All dies sind sehr wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche Gestaltung der frühen Karrierephase. Selbstverständlich gibt die Tenure-Track-Professur den Wissenschaftler:innen in der frühen Karrierephase auch eine größere Sicherheit über den zukünftigen Standort ihrer wissenschaftlichen Karriere als ein befristetes Postdoktorat.

Was ist aus Sicht Ihrer Hochschule wichtig bei der Gestaltung der Evaluationsverfahren? Wie werden die Professorinnen und Professoren bei der Vorbereitung darauf unterstützt?
Wichtig ist die Transparenz und Fairness der Verfahren und eine ausgewogene Auswahl der Bewertungskriterien. Die TU Braunschweig ist Mitglied in der Coalition on Research Assessment (CoARA) und hat einen Action Plan zur Reflexion über die eigenen Verfahren der Forschungsbewertung aufgestellt. Entsprechend werden auch die Evaluationsverfahren für Tenure-Track-Professuren in Zukunft weiter reflektiert und entwickelt.

Im Rahmen der Evaluationen werden die Fakultäten von den entsprechenden Instanzen eng begleitet und z.B. rechtzeitig über den Starttermin der Zwischen- und Endevaluationen informiert.  Für die Fakultäten wurde eine entsprechende Handreichung über Struktur und Inhalt der Stellungnahme zur Zwischen- und Endevaluation mit Empfehlungen und Rahmenbedingungen entwickelt und zur Unterstützung zur Verfügung gestellt.

Den Tenure-Track-Professuren wird zur Vorbereitung eine entsprechende Handreichung über Aufbau und Inhalt ihres zu erstellenden Selbstberichtes zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen des Professor:innen Programms, einem Onboarding-Programm für neuberufene Professor:innen an der TU Braunschweig, bieten wir Vorträge zum Thema Evaluationsverfahren, in dem Informationen bereitgestellt werden und Fragen beantwortet werden. Daneben erhalten die Professuren Unterstützung bei der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen und bei der Antragstellung um Drittmittel durch gezielte Beratung und Workshops/Infoveranstaltungen (EU-Antragstellung, ERC Antragstellung). Zudem ist ein Workshop zur Karriereentwicklung im Programm enthalten und wird derzeit konzipiert.

Welche Unterstützungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet Ihre Hochschule an? Wie adressieren Sie damit die Bedarfe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Allen Tenure-Track-Professor:innen, die Care Work (Kinderbetreuung bzw. Pflegeaufgaben in der Familie) leisten, können aus dem Strategieaufschlag des Tenure-Track-Programms  zweckgebundene Maßnahmen finanziert werden.

Um bedarfsgerechte und unterstützende Angebote für die Tenure-Track-Professor:innen zu konzipieren, wurde eine Bedarfsabfrage seitens des Familienbüros und der Stabsstelle Chancengleichheit durchgeführt. Ihre Rückfragen wurden in persönlichen Beratungen geklärt und ihr individuelles Feedback wurde eingeholt zur Weiterentwicklung der folgenden vier Maßnahmen: 

  1.  Ausbau der familienfreundlichen Infrastruktur wie z.B. zusätzliche Eltern-Kind-Räume im Gebäude bzw. kinderfreundliche Ausstattung des eigenen Büros (z.B. mit Reisebett, Spielzeug, Ruhesessel u.a.)
  2.  Kinderbetreuung beim Lokalen Bündnis für Familie in Braunschweig oder am Wohnort, z.B. bis 10 Stunden im Monat
  3.  Zusätzliche studentische/wissenschaftliche Hilfskräfte zur Unterstützung bzw. Entlastung für die eigene Lehr-Forschungstätigkeit
  4.  Finanzierung eines Lehrauftrags zur Kompensation (in den ersten beiden Semestern)

Zudem wird die frühe Karrierephase der Tenure-Track-Professuren bei vorliegender Begründung verlängert, z.B. um die Elternzeit oder Zeiten von (mindestens einem Fünftel) reduzierter Arbeitszeit aufgrund von zu pflegenden Angehörigen oder Kindern unter 16 Jahren (Festlegung in der Tenure-Track-Ordnung).


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Prof. Dr. Oliver Günther, Präsident der Universität Potsdam
© Ernst Kaczynski
„Es hat sich – in ganz unterschiedlichen Fächern, so z.B. auch den als eher konservativ geltenden Rechtswissenschaften – gezeigt, dass wir auf diesem Weg hervorragende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler früh an uns binden können."

Welchen Stellenwert hat die Tenure-Track-Professur aus Ihrer Sicht im deutschen Wissenschaftssystem?
Der Stellenwert der Tenure-Track-Professur nimmt stetig zu. Gleichwohl dürften bundesweit wohl noch mehr als die Hälfte aller Lebenszeitprofessuren direkt, also ohne vorgeschaltete Tenure-Track-Professur, besetzt werden. Das hat mit Fachkulturen, aber vielleicht auch mit Angst vor dem Neuen zu tun. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich der Trend in Richtung Tenure Track fortsetzen wird.

Wenn Sie an die Wissenschaftskultur Ihrer Hochschule denken – hat sich durch die Einführung der Tenure-Track-Professur ein Kulturwandel eingestellt?
Durchaus. Es hat sich – in ganz unterschiedlichen Fächern, so z.B. auch den als eher konservativ geltenden Rechtswissenschaften – gezeigt, dass wir auf diesem Weg hervorragende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler früh an uns binden können. Das hat viele von den Vorteilen des Tenure-Track-Systems überzeugt.

Welchen Einfluss hat die Einführung der Tenure-Track-Professur in Deutschland auf die internationale Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit Ihrer Hochschule?
Einen hohen. Wie gesagt können wir so höchstqualifizierte frisch Promovierte aus der ganzen Welt an uns binden. Erst gestern habe ich mit einem Postdoc aus Harvard gezoomt, der im Herbst auf eine W1-Tenure-Track-Professur bei uns in Potsdam wechseln wird. Besonderes Potenzial haben auch themen-offene Ausschreibungen, mit denen man Top-Leute attrahieren kann. In unseren Open-Topic-Ausschreibungen erhielten wir über 1000 Bewerbungen auf vier Stellen.

Welche Chancen bietet die Tenure-Track-Professur für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Sie bietet erstens eine recht hohe Planungssicherheit, zweitens Unabhängigkeit und Freiheit in Forschung und Lehre in einem vergleichsweise jungen Alter.

Was ist aus Sicht Ihrer Hochschule wichtig bei der Gestaltung der Evaluationsverfahren? Wie werden die Professorinnen und Professoren bei der Vorbereitung darauf unterstützt?
Wichtig sind Transparenz und Beratung zum rechten Zeitpunkt. Dies kann insbesondere umgesetzt werden über Mentoringprogramme für die Tenure-Track-Kolleginnen und -Kollegen, in denen man diese früh auf mögliche Fehlentwicklungen aufmerksam machen kann.

Welche Unterstützungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet Ihre Hochschule an? Wie adressieren Sie damit die Bedarfe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
An der Universität Potsdam – einer mehrfach zertifizierten familienfreundlichen Hochschule – gibt es umfangreiche einschlägige Beratungsangebote. In Bezug auf Tenure Track gibt es für Eltern die Möglichkeit, die Bewährungszeit aufgrund von Schwangerschaft und Elternzeit zu verlängern.

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