Laden

TT-Interviews

Prof. Dr. Sophia Rudorf, Tenure-Track-Professorin für Computational Biology an der Leibniz Universität Hannover (LUH)

Warum haben Sie sich für den Karriereweg Tenure Track entschieden?
Nachdem ich direkt nach meiner Promotion als Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung tätig war, schien eine Professur der natürliche nächste Schritt in meiner Karriere zu sein. Die Tenure-Track-Professur war für mich besonders attraktiv, da sie im Gegensatz zu anderen typischen Karriereschritten eine realistische, langfristige Perspektive bot, weiterhin in Forschung und Lehre tätig zu sein.
Ein großer Vorteil der Tenure-Phase ist, dass das Lehrdeputat reduziert ist. Zudem wird man in dieser Zeit hinsichtlich der Beteiligung an Gremien etwas „geschont“. Der Fokus liegt ganz klar auf der Durchführung guter Lehre und dem Aufbau einer eigenen Forschungsgruppe.

Würden Sie aus heutiger Sicht einer jungen Wissenschaftlerin oder einem jungen Wissenschaftler raten, sich auf eine Tenure-Track-Professur in Deutschland zu bewerben? Warum bzw. warum nicht?
Trotz der genannten Vorteile sollten potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten sich darüber im Klaren sein, dass die Erwartungen an die Leistungen von Tenure-Track-Professorinnen und -Professoren hoch sind. Während der immerhin fünfjährigen „Probezeit“ muss man in der Lage sein, dem damit einhergehenden Druck standzuhalten.
Wenn man Leidenschaft und Durchhaltevermögen mitbringt, würde ich aus heutiger Sicht einer jungen Wissenschaftlerin oder einem jungen Wissenschaftler definitiv raten, sich auf eine Tenure-Track-Professur in Deutschland zu bewerben. Es bietet eine hervorragende Chance, eine langfristige akademische Karriere aufzubauen und in einem anspruchsvollen, aber lohnenden Umfeld zu arbeiten.

Was fanden Sie an Ihrem Stellenangebot attraktiv und warum haben Sie sich für dieses Angebot entschieden?
Die Ausschreibung der Leibniz Universität kam für mich genau zum richtigen Zeitpunkt und passte perfekt zu meinem Forschungsgebiet. Es war deutlich, dass es für mich viele spannende Anknüpfungspunkte innerhalb der Fakultät, der Universität, der Stadt und im weiteren Umfeld geben würde. Seit ich vor gut drei Jahren an die LUH gekommen bin, habe ich schon zahlreiche neue Kooperationsprojekte initiieren können. Diese perfekte Passgenauigkeit zwischen meiner Expertise und den Gegebenheiten vor Ort halte ich für essentiell, um ein Tenure-Track-Verfahren erfolgreich zu durchlaufen.
Ein weiterer attraktiver Aspekt des Stellenangebots war die Aussicht auf eine Tenure-Position auf W3-Ebene. Zudem ist die Lage der Universität optimal für mich und meine Familie, sodass für mich eine Professur an der LUH deutlich attraktiver als beispielsweise eine vergleichbare Position im Ausland ist. Diese Faktoren zusammen genommen waren ausschlaggebend dafür, dass ich mich letztlich für das Angebot der Leibniz Universität Hannover entschieden habe.

Welche Tipps können Sie potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern auf eine Tenure-Track-Professur auf Grundlage der eigenen Erfahrungen im Auswahl-/ Berufungsverfahren geben?
Ich denke, es ist äußerst wichtig, sich ausreichend Zeit für die Bewerbung zu nehmen und gründlich zu recherchieren. Man sollte sich intensiv mit den Fragen auseinandersetzen, warum man gut auf die ausgeschriebene Stelle passt und was einen für die Fakultät attraktiv macht. Dabei ist es entscheidend, auch die Lehre nicht zu vernachlässigen und eine qualitativ hochwertige Lehrprobe vorzubereiten. Vor allem aber sollte man eine konkrete und überzeugende Vorstellung davon haben, wie man den Standort gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen voranbringen kann.
Es können jedoch manchmal Details im Prozess überraschen: So wurde in meinem Fall erst nach dem Bewerbungsprozess deutlich, dass die vereinbarten Ziele de facto bereits nach vier und nicht erst nach fünf Jahren erreicht sein müssen. Zudem kann es hilfreich sein, sich im Voraus darüber zu informieren, was im Falle eines nicht erfolgreichen Tenure-Prozesses oder im Falle einer Unterbrechung der Tenure-Phase, beispielsweise durch die Geburt eines Kindes, geschieht.

Welche Unterstützungsangebote (zum Beispiel zur beruflichen Weiterentwicklung, bei familiären Verpflichtungen und/oder Fragen zu Chancengerechtigkeit) haben Ihnen persönlich weitergeholfen? Welche würden Sie sich zusätzlich wünschen?
Besonders hilfreich war die Unterstützung durch mein direktes Umfeld, insbesondere durch die Institutsleiterin sowie die Kolleginnen und Kollegen in der Fakultät. Darüber hinaus bietet die LUH praktische Unterstützung, wie ein hervorragendes Service-Angebot zur ERC-Antragstellung sowie eine kostenlose und unkomplizierte Notfall-Kinderbetreuung. Zudem gibt es professionelle Coaching-Angebote für Professorinnen und zahlreiche Angebote für Neuberufene, von denen auch ich als Tenure-Track-Professorin sehr profitiert habe.

Inwiefern war der Karriereweg der Tenure-Track-Professur für Sie ausschlaggebend, Ihre weitere wissenschaftliche Karriereplanung auf Deutschland auszurichten?
IAufgrund meiner familiären Situation wäre eine Karriere im Ausland deutlich unattraktiver gewesen. Für mich war die Möglichkeit, innerhalb Deutschlands eine langfristige Perspektive auf eine akademische Laufbahn zu erhalten, ausschlaggebend für die Bewerbung. Hätte die Stelle keinen fest verankerten Tenure-Track geboten, hätte ich mich nicht darauf beworben.

Sie haben die Zwischenevaluation erfolgreich abgeschlossen. Wie lief das ab und wie haben Sie den Prozess empfunden? Welche Tipps möchten Sie anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mitgeben?
An der LUH erfolgt keine Zwischenevaluation im eigentlichen Sinne. Stattdessen wird ein Statusgespräch mit der Dekanin oder dem Dekan geführt. In diesem Gespräch sollen eventuell vorhandene Risiken aufgedeckt und Anregungen zum Nachsteuern gegeben werden. In Vorbereitung auf das Gespräch habe ich eine umfangreiche Dokumentation meiner erbrachten Leistungen und einen Bericht über meine Tätigkeiten erstellt. Ich fühlte mich durch das Gespräch in meiner Einschätzung bestätigt, dass ich bereits sehr gut aufgestellt bin. Ich denke, dass diese Reflexion sehr hilfreich sein kann, auch wenn das Statusgespräch in Hannover keine direkten Konsequenzen für das Verfahren hat.