Laden

TT-Interviews

Prof. Dr. Angela Ittel, Präsidentin der Technischen Universität Braunschweig

Welchen Stellenwert hat die Tenure-Track-Professur aus Ihrer Sicht im deutschen Wissenschaftssystem?
Die Tenure-Track-Professur ist ein wichtiges Instrument, den deutschen Wissenschaftsstandort international kompatibel aufzustellen. Es erfordert einen wichtigen Kulturwandel, in dem es junge Talente frühzeitig an unsere Institutionen bindet und ihnen Chancen zur Entfaltung ihrer starken wissenschaftlichen Leistungen bietet.

Wenn Sie an die Wissenschaftskultur Ihrer Hochschule denken – hat sich durch die Einführung der Tenure-Track-Professur ein Kulturwandel eingestellt?
Die Bedeutung der Tenure-Track-Professur ist an der TU Braunschweig allseits anerkannt und wird sehr wertgeschätzt. Wir beginnen zunehmend auch außerhalb des WISNA-Programms Tenure-Track-Professuren auszuschreiben. Dies alles spricht für einen begonnenen Kulturwandel. Das anerkannte Ziel ist es, junge Talente frühzeitig und mit ihren selbständigen Leistungen in unsere Forschungsinfrastruktur einzubinden.

Welchen Einfluss hat die Einführung der Tenure-Track-Professur in Deutschland auf die internationale Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit Ihrer Hochschule?
Wir haben mehrere internationale Wissenschaftler:innen auf Tenure-Track-Professuren berufen können. Zudem konnten wir einige Postdoktorand:innen deutscher Herkunft, die im Ausland tätig waren, durch das Angebot einer Tenure-Track-Professur nach Deutschland zurückholen. Beides spricht für den hohen Grad der Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit des Modells an unserer Universität.

Welche Chancen bietet die Tenure-Track-Professur für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Die Tenure-Track-Professur bietet jungen Talenten die Möglichkeit, sich früh an einem Standort zu entfalten, Netzwerke aufzubauen, Forschungsinfrastrukturen zu nutzen und zu gestalten. All dies sind sehr wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche Gestaltung der frühen Karrierephase. Selbstverständlich gibt die Tenure-Track-Professur den Wissenschaftler:innen in der frühen Karrierephase auch eine größere Sicherheit über den zukünftigen Standort ihrer wissenschaftlichen Karriere als ein befristetes Postdoktorat.

Was ist aus Sicht Ihrer Hochschule wichtig bei der Gestaltung der Evaluationsverfahren? Wie werden die Professorinnen und Professoren bei der Vorbereitung darauf unterstützt?
Wichtig ist die Transparenz und Fairness der Verfahren und eine ausgewogene Auswahl der Bewertungskriterien. Die TU Braunschweig ist Mitglied in der Coalition on Research Assessment (CoARA) und hat einen Action Plan zur Reflexion über die eigenen Verfahren der Forschungsbewertung aufgestellt. Entsprechend werden auch die Evaluationsverfahren für Tenure-Track-Professuren in Zukunft weiter reflektiert und entwickelt.

Im Rahmen der Evaluationen werden die Fakultäten von den entsprechenden Instanzen eng begleitet und z.B. rechtzeitig über den Starttermin der Zwischen- und Endevaluationen informiert.  Für die Fakultäten wurde eine entsprechende Handreichung über Struktur und Inhalt der Stellungnahme zur Zwischen- und Endevaluation mit Empfehlungen und Rahmenbedingungen entwickelt und zur Unterstützung zur Verfügung gestellt.

Den Tenure-Track-Professuren wird zur Vorbereitung eine entsprechende Handreichung über Aufbau und Inhalt ihres zu erstellenden Selbstberichtes zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen des Professor:innen Programms, einem Onboarding-Programm für neuberufene Professor:innen an der TU Braunschweig, bieten wir Vorträge zum Thema Evaluationsverfahren, in dem Informationen bereitgestellt werden und Fragen beantwortet werden. Daneben erhalten die Professuren Unterstützung bei der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen und bei der Antragstellung um Drittmittel durch gezielte Beratung und Workshops/Infoveranstaltungen (EU-Antragstellung, ERC Antragstellung). Zudem ist ein Workshop zur Karriereentwicklung im Programm enthalten und wird derzeit konzipiert.

Welche Unterstützungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet Ihre Hochschule an? Wie adressieren Sie damit die Bedarfe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Allen Tenure-Track-Professor:innen, die Care Work (Kinderbetreuung bzw. Pflegeaufgaben in der Familie) leisten, können aus dem Strategieaufschlag des Tenure-Track-Programms  zweckgebundene Maßnahmen finanziert werden.

Um bedarfsgerechte und unterstützende Angebote für die Tenure-Track-Professor:innen zu konzipieren, wurde eine Bedarfsabfrage seitens des Familienbüros und der Stabsstelle Chancengleichheit durchgeführt. Ihre Rückfragen wurden in persönlichen Beratungen geklärt und ihr individuelles Feedback wurde eingeholt zur Weiterentwicklung der folgenden vier Maßnahmen:

  • Ausbau der familienfreundlichen Infrastruktur wie z.B. zusätzliche Eltern-Kind-Räume im Gebäude bzw. kinderfreundliche Ausstattung des eigenen Büros (z.B. mit Reisebett, Spielzeug, Ruhesessel u.a.
  • Kinderbetreuung beim Lokalen Bündnis für Familie in Braunschweig oder am Wohnort, z.B. bis 10 Stunden im Monat
  • Zusätzliche studentische/wissenschaftliche Hilfskräfte zur Unterstützung bzw. Entlastung für die eigene Lehr-Forschungstätigkeit
  • Finanzierung eines Lehrauftrags zur Kompensation (in den ersten beiden Semester

Zudem wird die frühe Karrierephase der Tenure-Track-Professuren bei vorliegender Begründung verlängert, z.B. um die Elternzeit oder Zeiten von (mindestens einem Fünftel) reduzierter Arbeitszeit aufgrund von zu pflegenden Angehörigen oder Kindern unter 16 Jahren (Festlegung in der Tenure-Track-Ordnung).