Prof. Dr. Oliver Günther, Präsident der Universität Potsdam
Welchen Stellenwert hat die Tenure-Track-Professur aus Ihrer Sicht im deutschen Wissenschaftssystem?
Der Stellenwert der Tenure-Track-Professur nimmt stetig zu. Gleichwohl dürften bundesweit wohl noch mehr als die Hälfte aller Lebenszeitprofessuren direkt, also ohne vorgeschaltete Tenure-Track-Professur, besetzt werden. Das hat mit Fachkulturen, aber vielleicht auch mit Angst vor dem Neuen zu tun. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich der Trend in Richtung Tenure Track fortsetzen wird.
Wenn Sie an die Wissenschaftskultur Ihrer Hochschule denken – hat sich durch die Einführung der Tenure-Track-Professur ein Kulturwandel eingestellt?
Durchaus. Es hat sich – in ganz unterschiedlichen Fächern, so z.B. auch den als eher konservativ geltenden Rechtswissenschaften – gezeigt, dass wir auf diesem Weg hervorragende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler früh an uns binden können. Das hat viele von den Vorteilen des Tenure-Track-Systems überzeugt.
Welchen Einfluss hat die Einführung der Tenure-Track-Professur in Deutschland auf die internationale Attraktivität und Konkurrenzfähigkeit Ihrer Hochschule?
Einen hohen. Wie gesagt können wir so höchstqualifizierte frisch Promovierte aus der ganzen Welt an uns binden. Erst gestern habe ich mit einem Postdoc aus Harvard gezoomt, der im Herbst auf eine W1-Tenure-Track-Professur bei uns in Potsdam wechseln wird. Besonderes Potenzial haben auch themen-offene Ausschreibungen, mit denen man Top-Leute attrahieren kann. In unseren Open-Topic-Ausschreibungen erhielten wir über 1000 Bewerbungen auf vier Stellen.
Welche Chancen bietet die Tenure-Track-Professur für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
Sie bietet erstens eine recht hohe Planungssicherheit, zweitens Unabhängigkeit und Freiheit in Forschung und Lehre in einem vergleichsweise jungen Alter.
Was ist aus Sicht Ihrer Hochschule wichtig bei der Gestaltung der Evaluationsverfahren? Wie werden die Professorinnen und Professoren bei der Vorbereitung darauf unterstützt?
Wichtig sind Transparenz und Beratung zum rechten Zeitpunkt. Dies kann insbesondere umgesetzt werden über Mentoringprogramme für die Tenure-Track-Kolleginnen und -Kollegen, in denen man diese früh auf mögliche Fehlentwicklungen aufmerksam machen kann.
Welche Unterstützungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bietet Ihre Hochschule an? Wie adressieren Sie damit die Bedarfe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer frühen Karrierephase?
An der Universität Potsdam – einer mehrfach zertifizierten familienfreundlichen Hochschule – gibt es umfangreiche einschlägige Beratungsangebote. In Bezug auf Tenure Track gibt es für Eltern die Möglichkeit, die Bewährungszeit aufgrund von Schwangerschaft und Elternzeit zu verlängern.